Prachtbecherlinge fotografiert von Christopher Engelhardt.

Schneeschmelze – Zeit der Prachtbecherlinge

Auf der Suche nach Becherlingen


Text: Christopher Engelhardt.

Im Winter, wenn es außer Samtfußrüblingen, Judasohren und holzbewohnenden Porlingen kaum größere Pilze gibt, gehe ich – zumindest an schneefreien Tagen – auf die Suche nach Becherlingen. Das sind kleine, schalenförmige Schlauchpilze, die meist an liegendem Totholz wachsen. Am besten gedeihen sie dort, wo es feucht ist, zum Beispiel in Senken oder an der Unterseite morscher Stämme. Da findet man – genaues Nachsuchen vorausgesetzt – häufig zum Beispiel die millimeterkleinen, in dichten Gruppen wachsenden Schneeweißen Haarbecherchen (Dasyscyphella nivea) oder die ebenfalls gesellig wachsenden gelben oder rosafarbenen Winzlinge aus der Gattung der Knopfbecherchen (Orbilia). Zu den auffälligsten und schönsten Bechern überhaupt zählen zweifellos die knallrot gefärbten Prachtbecherlinge der Gattung Sarcoscypha, die zur Zeit der Schneeschmelze auf kleinen am Boden liegenden Erlen- und Weidenästchen wachsen.

Die ersten findet man häufig schon im Dezember, aber erst jetzt wachsen sie zu voller Größe und Schönheit heran. Die leuchtend zinnober- bis signalrot gefärbten Becher gedeihen vorzugsweise an feucht liegenden, bemoosten Ästchen von Weiden und Erlen, aber auch anderen Laubhölzern, und erreichen ausgebreitet eine Größe von fünf bis acht Zentimetern. Es gibt mehrere ökologisch und mikroskopisch unterscheidbare Arten. Findet man die Becher in Erlen- und Weidenbrüchen, handelt es sich wahrscheinlich um den weit verbreiteten Österreichischen Prachtbecherling (Sarcoscypha austriaca). Bei Buche, Ulme und Hasel kommt der Zinnoberrote Prachtbecherling (S. coccinea) in Frage, bei Linden kann es sich um den Scharlachroten Linden-Kelchbecherling (S. jurana) handeln. Die genaue Unterscheidung mag etwas für Fachleute sein. Aber ihre Entdeckung und ihr Anblick ist eine wahre Pracht und ein schöner Farbklecks in den noch wintergrauen Gehölzen.

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