Ringdrossel Helgoland Insel fotografiert von Christopher Engelhardt.

Ringdrosseln unterwegs

Nicht jeder Vogel, der wie eine Amsel aussieht, muss auch eine Amsel sein.


Text von Christopher Engelhardt.

Wenn Sie dieser Tage draußen eine „komische Amsel“ sehen, schauen Sie mal genauer hin. Denn gerade Anfang April muss nicht jeder Vogel, der wie eine Amsel aussieht, auch eine Amsel sein. Jetzt ist nämlich bei uns die Haupt-Durchzugszeit der nordischen Ringdrosseln! Und die sind gar nicht mal selten: Auf naturgucker.de wurden 2016 über den ganzen April verteilt allein in Deutschland gut 400 Ringdrosseln dokumentiert, und zwar aus allen Bundesländern. Da hier ja nur ein kleiner Teil aller bei uns auftauchenden Ringdrosseln gemeldet wird, liegt die tatsächliche Zahl mit Sicherheit um ein Vielfaches höher. Nordische Ringdrosseln überwintern rund ums westliche Mittelmeer bis zur Türkei und brüten in den Bergen Skandinaviens in Birken- und Nadelwäldern und im felsigen Fjäll. Auf dem Durchzug bei uns rasten sie gerne in offenem Gelände, auf Wiesen und Weiden, einzeln oder auch in kleineren Trupps von bis zu zehn und mehr Vögeln. Von der Gestalt her wirken sie etwas schlanker und langhalsiger als Amseln. Adulte Männchen sind – die richtige Perspektive vorausgesetzt – an ihrem weißen, halbmondförmigen Brustlatz gut zu erkennen. Zudem haben ihre Flügelfedern helle Ränder. Weibchen und Jungvögel zeigen dieses Muster weniger deutlich, sodass die Bestimmung bisweilen schwierig ist. Dann helfen die Gestalt und das Verhalten: Ringdrosseln sind in der Regel sehr scheu und fliegen schon auf größere Distanzen auf, wobei im Flug auffällt, dass ihre Flügel gegenüber der Amsel schmaler und heller wirken.

Zwei Verwechslungsmöglichkeiten müssen noch genannt werden. Ringdrosseln in alpinen Nadelwäldern sind meistens keine Durchzügler. Die unterseits hellgeschuppte Unterart alpestris brütet bei uns bis in die Latschenzone. Viel häufiger trifft man im Binnenland auf teilalbinotische Amseln. Die kommen auch in Städten häufiger vor und zeigen eine mehr oder weniger große Zahl völlig weißer Federn. Meistens befinden sich die aber an Flügeln, Kopf oder Rücken – bei genauem Hinsehen sollte die Bestimmung selten schwerfallen. Bei teilalbinotischen Amseln mit weißen Federn im Brustbereich helfen wieder die Gestalt und das Verhalten – siehe oben! Achten Sie doch mal in diesem April gezielt auf Ringdrosseln, wenn Sie in offenem Gelände oder am Waldrand unterwegs sind. Es sind nicht immer alles nur Amseln, und man sieht bekanntlich nur, was man kennt oder wofür man zumindest sensibilisiert ist. 

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