Junge Waldkäuze (fotografiert von Han Bouwmeester)

Huu-hu-huhuhuhuu

Kein komischer Kauz: NABU und LBV haben den Waldkauz zum „Vogel des Jahres 2017“ ernannt: Straßenverkehr und Lebensraumverluste gefährden unsere drittgrößte Eulenart.


Von Robert Lücke

„Huu-hu-huhuhuhuu“ schallt es an einem milden Winterabend aus dem nahen Stadtpark, und kurz darauf noch einmal: „Huu-hu-huhuhuhuu“. Nett klingt das, aber auch ein bisschen unheimlich. Aber wer ruft denn da? Es ist der Waldkauz, Mitteleuropas größte Eulenart hinter Uhu und Habichtskauz. NABU und der bayerische Landesbund für Vogelschutz haben den Kauz zum „Vogel des Jahres 2017“ ernannt. „Mit ihm wollen wir für den Erhalt alter Bäume mit Höhlen im Wald oder in Parks werben und eine breite Öffentlichkeit für die Bedürfnisse höhlenbewohnender Tiere sensibilisieren“, sagt Heinz Kowalski vom NABU. Zwar ist der Waldkauz mit 43.000 bis 75.000 Brutpaaren die häufigste Eule in Deutschland, also noch häufig und ungefährdet. Doch der durch sein gelbbraunes, rindenfarbiges Gefieder gut getarnte Waldkauz mit den großen Knopfaugen im dunkel umrahmten, hellen Gesichtsschleier leidet wie viele andere heimische Vogelarten unter dem Fällen alter Höhlenbäume, eintönigen Wäldern und ausgeräumten Agrarlandschaften ohne Nahrung. Dabei sind die lautlosen Jäger ziemlich anpassungsfähig. Sie können im Dunkeln sehr gut sehen und noch besser hören und ihre Beute – Mäuse, Maulwürfe, Ratten, Jungkaninchen und Vögel – per Gehör orten. Der ideale Lebensraum für den Kauz hat einen Waldanteil von 40 bis 80 Prozent mit Lichtungen und angrenzenden Feldern. Aber längst ist er auch in Parkanlagen, Gärten und Friedhöfen mit altem Baumbestand und geeigneten Bruthöhlen zuhause. Zu sehen ist er eher selten, den Tag verschläft der Kauz in Höhlen und dichten Baumkronen. Erst wenn es richtig dunkel geworden ist, beginnt er zur Balz und Markierung seines Reviers zu rufen.

Seit Jahrtausenden gilt die Eule als Vogel der Weisheit und Aufklärung, in der Antike war beispielsweise der Steinkauz als „Vogel der Weisheit“ und ständiger Begleiter der Göttin Athene bekannt. Seine stoische Mimik wirkte klug und sorgte für Ehrfurcht unter den Menschen. Im Mittelalter wandelte sich das Bild erheblich: Die Eule wurde zum Botschafter von Unglück und Tod. Sie galt als Helfer Satans, Kirchenschänder oder Verkünder von Seuchen und Depression. So wurden die einst verehrten Eulen zu unbeliebten oder gar verhassten Vögeln. Ganz besonders hart traf es den Waldkauz, dessen fast das ganze Jahr über zu hörender Kontaktruf „ku-witt“ wie „Komm mit!“ falsch verstanden wurde – der Vogel lockte, so der Aberglaube, Menschen hinüber in die Schattenwelt. Und weil die Rufe deswegen angeblich den baldigen Tod eines nahestehenden Menschen ankündigten, nagelte, wer diesem drohenden Schicksal entkommen wollte, eine getötete Eule an das Scheunentor. Heute droht  ihnen woanders Gefahr: Besonders bei Schnee werden die Käuze oft von Autos erfasst, wenn sie am Straßenrand jagen.